Die Gremien empfehlen dem Verwaltungsausschuss und dem Rat, wie folgt zu
beschließen:
- Der
Rat der Gemeinde Neuenkirchen fasst den Aufstellungsbeschluss für die 1.
Änderung des Bebauungsplanes Nr. 22 „Ortsmitte Neuenkirchen“, im Kernort
Neuenkirchen mit örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung.
- Der
Rat der Gemeinde Neuenkirchen beschließt die Durchführung der frühzeitigen
Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1 BauGB für die 1. Änderung
des Bebauungsplanes Nr. 22 „Ortsmitte Neuenkirchen“ im Kernort
Neuenkirchen mit örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung.
- Der
Rat der Gemeinde Neuenkirchen beschließt die Durchführung der frühzeitigen
Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gem. §
4 Abs. 1 BauGB für die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 22 „Ortsmitte
Neuenkirchen“, im Kernort Neuenkirchen mit örtlichen Bauvorschriften über
Gestaltung.
Der Ratsvorsitzende bittet den Bürgermeister um Erläuterungen zur
vorliegenden Beschlussvorlage.
Der Landkreis Heidekreis hat die Gemeinde Neuenkirchen mit Schreiben vom
03.08.2016 um Stellungnahme zum Antrag auf Nutzungsänderung eines
Sanitärausstellungsraumes zu einer Spielhalle gebeten.
Das Vorhaben bezieht sich auf das Grundstück Hauptstraße 9, Gemeinde
Neuenkirchen. Die Bauherrin betreibt ein Geschäft für Haustechnik, dass als
Familienbetrieb geführt wird. Sie möchte den vorhandenen Ausstellungsraum zu
einer Spielhalle umnutzen und an die Fa. Megaplay GmbH aus Hamburg verpachten.
Die Büroarbeiten erfolgen in der Zentrale in Hamburg. Geplant ist es, 8
Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen. Nach SpielV ist pro Spielgerät eine
Fläche von 12 qm nötig, vorhanden sind ca. 100 qm, d.h. die Anforderung ist erfüllt.
Beschäftigt werden 1 Vollzeitkraft und 3 Aushilfskräfte.
Die Spielhalle soll eine Öffnungszeit von
- Sonntag - Donnerstag von 16.00 bis
24.00 Uhr
·
Freitags
und Samstag von 10.00 bis 24.00 Uhr haben.
Für eine Werbeanlage wird ein separater Bauantrag gestellt.
1.
Planungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens
Das Grundstück liegt im räumlichen Geltungsbereich des B-Planes Nr. 22
„Ortsmitte Neuenkirchen“ im Kernort Neuenkirchen mit örtlichen Bauvorschriften
über Gestaltung und ist als Mischgebiet gem. § 6 Baunutzungsverordnung (BauNVO)
festgesetzt. Weitere Festsetzungen zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit sind
nicht Gegenstand des B-Planes. Daher richtet sich die Zulässigkeit nach dem
Nutzungskatalog des § 6 BauNVO wie folgt:
Zulässig sind
1. Wohngebäude,
2. Geschäfts- und
Bürogebäude,
3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften
sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4. sonstige
Gewerbebetriebe,
5. Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche,
kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6. Gartenbaubetriebe,
7. Tankstellen,
8. Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 in
den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt
sind.
Die Zulässigkeit der beantragten Nutzungsänderung kann aus § 6 Abs. 2
Nr. 8 BauNVO abgeleitet werden, da diese Nutzungen, wenn sie in einem
rechtsverbindlichen B-Plan nicht ausgeschlossen oder ausnahmsweise zugelassen
wurde, allgemein zulässig sind.
2.
Städtebauliches Entwicklungsziel „Ortsmitte
Neuenkirchen“
Die Gemeinde Neuenkirchen strebt die städtebauliche und gestalterische
Aufwertung der Ortsmitte als Wohn- und Lebensmittelpunkt für alle Altersgruppen
an. In diesem Zusammenhang sei auf die städtebaulichen Konzepte zur
Mobilisierung von Leerständen und drohenden Leerständen hingewiesen, die u.a.
auch Gegenstand der planerischen Überlegungen des Integrierten Entwicklungs-
und Handlungskonzept der Gemeinden Neuenkirchen und Schneverdingen sind. Darin
werden für die Ortsmitte Neuenkirchen bereits erste Vorschläge für die
Attraktivitätssteigerung der Ortsmitte auch unter Einbeziehung der vielfältigen
Möglichkeiten des Wohnens im Alter gegeben.
Auf dieser Grundlage sollen insbesondere für die im Kernbereich der
Gemeinde Neunkirchen gelegenen Grundstücksflächen auch Nutzungskonzepte
ausgearbeitete werden, die einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung des
Kernortes beitragen können. In diesem Zusammenhang sollen jedoch Nutzungen, die
geeignet sind, die angestrebte städtebauliche Entwicklung zu beeinträchtigen
oder gar unmöglich zu machen, auf ihre Zulässigkeit geprüft werden. Zu diesem
Zweck werden auf der Grundlage der Ergebnisse des derzeit in Aufstellung
befindlichen Konzeptes zur städtebaulichen Ordnung von Spielhallen im
Ortszentrum Neuenkirchen auch die rechtsverbindlichen Bebauungspläne in Bezug
auf die Festsetzung der darin zulässigen Arten der baulichen Nutzung
untersucht.
Aufgrund der in der Ortsmitte bestehenden Versorgungseinrichtungen, der
sozialen, kirchlichen und kulturellen sowie touristisch relevanten
Einrichtungen wird für das unmittelbare Umfeld des Ortskernes ein Ausschluss
der Nutzungen angestrebt, die auf die angestrebte städtebauliche Entwicklung
negativen Einfluss haben können. Hierzu gehören auch Spielhallen, die gem. § 6
Abs. 2 Nr. 8 i.V.M. § 1 Abs. 5 BauNVO innerhalb dieses Bereiches ausgeschlossen
und in anderen Bereichen des Gemeindegebiete zugelassen werden sollen.
Diese Vorgehensweise ist aus § 1 Abs. 3 BauGB ableitbar, wonach
Gemeinden Bauleitpläne aufstellen, sobald und soweit es für die städtebauliche
Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Das Erfordernis ist aus der Annahme
ableitbar, dass innerhalb des sich auf den Ortskern Neuenkirchen beziehenden
B-Planes Nr. 22 eine Nutzungsänderung geplant ist, welche die Errichtung einer
Spielhalle zum Inhalt hat.
Bekanntlich sind Spielhallen aufgrund ihrer Nutzungscharakteristik dazu
geeignet, auf das unmittelbare und mittelbare städtebauliche Umfeld erheblich
beeinträchtigend einzuwirken. Dies kann durch die bis in die Nachtstunden
hineingehenden Betriebszeiten bewirkt werden, die in der Zeit ab 22 Uhr
betriebsbedingte Verkehre auslösen (An- und Abfahrten) und die aufgrund des
damit verbundenen Betriebslärms die Nachbarschaft erheblich beeinträchtigen.
Innerhalb des Ortszentrums Neuenkirchen sind diese Nutzungen bisher nicht
typisch und daher als fremd einzustufen. Darüber hinaus sind Spielhallen als
eine Form der Vergnügungsstätten dazu geeignet, in den unmittelbaren
Nahbereichen einen „trading-down-effekt“ zu erzeugen.
Der Begriff "Trading Down" beschreibt einen typischen
Entwicklungstrend eines Ortszentrums vom vollständigen Angebot mit pulsierendem
Leben hin zu zunehmenden Leerständen und ausbleibender Kundschaft. „Nicht
nur Leerstände sind ein Indikator für einen Trading-Down-Effekt. Auch
vermietete Gewerbeeinheiten können problematisch sein, wenn ihre Nutzung nicht
zur Nachfrage und zum übrigen Angebot des Standortes passt. Die Chance ist
groß, dass sie zu potenziellen künftigen Leerständen werden oder nach und nach
hochwertige Angebote durch Billiganbieter ersetzt werden. Prominente Beispiele
dafür sind Spielhallen oder Ein-Euro-Läden. Auch das kann zu einem Imageverfall
des Standortes beitragen.“[1]
Die negativen städtebaulichen Auswirkungen, die von derartigen Nutzungen
ausgehen können, lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
• Trading-Down-Prozesse (Qualitäts- und Niveauverlust
von Geschäftslagen, die bis zur Destabilisierung und Verödung innerstädtischer
Lagen führen können),
• Imageverlust
der Geschäftslage, dadurch Abwanderung von Kunden bzw. Laufpublikum,
• Leerstände,
die dann durch weitere Vergnügungsstätten nachgenutzt werden,
• Verdrängung
des traditionellen Einzelhandels oder Gewerbes durch höhere
Mietzahlungsfähigkeit des betreffenden Teilsegments der
Vergnügungsstättenbranche,
• Beeinträchtigung
des Straßen und Ortsbildes durch aggressive Aufmachung, verklebte Schaufenster,
grelle und übertriebene Werbung.
„Städtebauliche Konflikte ergeben sich darüber hinaus auch zwischen
Vergnügungsstätten und öffentlichen und sozialen Einrichtungen. Solche
Einrichtungen (z. B. Schulen,
Kindergärten, Spielplätze, Jugendzentren, Kirchen aber auch Schuldner-
und Suchtberatungsstellen sowie
Einrichtungen der Jugendhilfe) werden zur Daseinsvorsorge durch die Gemeinde
oder andere Träger vorgehalten und finanziert. Sie sind oftmals seit langem
vorhanden. Ihre Standorte sind nicht zuletzt mit Blick auf den Einzugsbereich
der Bevölkerung und der speziellen Bedarfssituation nicht beliebig veränderbar.
Es droht der Akzeptanzverlust und die Verödung der Einrichtungen. Ebenso können
vermeidbare Spannungen zwischen den sehr
konträren Nutzungen und den Nutzern entstehen.“[2]
Eine Häufung derartiger Nutzungen kann sich auch negativ auf die
Entwicklung der Ortsmitte Neuenkirchens auswirken. Dies kann bei kleineren
Siedlungszusammenhängen und Ortszentren unmittelbarer deutlich werden. Die
Ortsmitte Neuenkirchens ist entsprechend zu bewerten. Die bisher intakten
historisch gewachsenen, für die Versorgung der Bevölkerung und den
Fremdenverkehr wichtigen Bereiche beidseits der Hauptstraße sollen jedoch
gestalterisch und funktional aufgewertet werden, um auch zukünftig die Aufgaben
eines Grundzentrums als Wohn- und Lebensmittelpunkt erfüllen zu können. Um
dieses städtebauliche Ziel zu erreichen, ist eine Überprüfung der
rechtsverbindlichen Bebauungspläne im einer Änderung der darin getroffenen
Festsetzungen (hier z. B. der Ausschluss von Vergnügungsstätten im Mischgebiet)
und ggf. auch die Aufstellung neuer Bebauungspläne für die Bereiche, die bisher
dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gem. § 34 BauGB zugeordnet wurden,
erforderlich.
Auf der Grundlage von (geänderten) Bebauungsplänen kann die Gemeinde
Neuenkirchen steuernd auf die angestrebte städtebauliche Entwicklung Einfluss
nehmen und zur Ordnung von bisher ortuntypischen Nutzungen beitragen.
Da der Gemeinde Neuenkirchen ein konkreter Bauantrag auf
Nutzungsänderung eines Sanitärausstellungsraumes in eine Spielhalle vorliegt
und der Standort innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des B-Planes Nr. 22
„Ortsmitte Neuenkirchen“ liegt, soll aufgrund dieses aktuelles Falles zunächst
innerhalb dieses B-Planes die bisher festgesetzte Art der baulichen Nutzung im
Sinne der angestrebten funktionalen und gestalterischen Aufwertung der
Ortsmitte überprüft und entsprechend - wie oben beschrieben - geändert werden.
Die Änderung soll die Ergebnisse des ebenfalls in Bearbeitung befindlichen
Konzeptes der Ordnung von Spielhallen innerhalb der Ortschaft Neuenkirchen
berücksichtigen.
Über die Änderung des B-Planes Nr. 22 „Ortsmitte Neuenkirchen“ im
Kernort Neuenkirchen mit örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung hinaus,
sollen auch andere, sich auf die Ortsmitte beziehende rechtsverbindliche
Bebauungspläne mit Blick auf ein etwaiges Änderungserfordernis untersucht und
ggf. im Anschluss geändert werden. Auch hierfür bildet das derzeit in
Aufstellung befindliche Konzept zur Ordnung von Spielhallen im Ortskern
Neuenkirchen eine entsprechende Entscheidungsgrundlage.
Bauplanungsrechtliche
Zulässigkeit von Vergnügungsstätten:[3]
(grau die für Neuenkirchen relevanten Gebietstypen)
Gebietsart |
Zulässigkeit
nicht kern- gebietstypischer Ver- gnügungsstätten |
Zulässigkeit
kerngebiets-typischer Vergnügungs-stätten |
Kleinsiedlungsgebiet
(WS), § 2 BauNVO |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
|
|
|
Reines Wohngebiet (WR), § 3 BauNVO |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Allgemeines
Wohngebiet (WA), § 4 BauNVO |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Gebiet zur
Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung (WB), § 4a BauNVO |
Nur ausnahmsweise zu lässig |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Dorfgebiet (MD), § 5
BauNVO |
Nur ausnahmsweise zu lässig |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Mischgebiet (MI), § 6 BauNVO |
Allgemein in den Bereichen des MI
zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind; in
allen anderen Bereichen ausnahmsweise zulässig |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Kerngebiet (MK), § 7
BauNVO |
Allgemein zulässig |
Allgemein zulässig |
Gewerbegebiet (GE), § 8 BauNVO |
Ausnahmsweise zulässig |
Ausnahmsweise zulässig |
Industriegebiet (GI), § 9 BauNVO |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig |
Der räumliche Geltungsbereich der 1. Änderung des B-Planes Nr. 22
„Ortsmitte Neuenkirchen“ im Kernort Neuenkirchen mit örtlichen Bauvorschriften
über Gestaltung ist aus dem als Anlage beigefügten Übersichtsplan zu entnehmen.
Der Aufstellungsbeschluss ist zur Erreichung der Rechtsverbindlichkeit
ortsüblich bekanntzumachen.
Ohne weitere Wortmeldungen wird folgender Beschluss gefasst:
[1] Münchener Gesellschaft für Stadterneuerung, http://www.flaechenmanagement-muenchen.de/index.php?option=com_content&view=article&id=58&Itemid=66
[2] https://www.wuppertal.de/wirtschaft-stadtentwicklung/medien/dokumente
[3] https://www.stmi.bayern.de/assets/stmi/buw/baurechtundtechnik/iib5_bauplanungsrecht_spielhallen_20100929.pdf